Alarmierende Änderungen in der Nuklearstrategie der USA

Im Auftrag von PrĂ€sident Trump unternimmt das US-Verteidigungsministerium derzeit eine umfassende ÜberprĂŒfung der Nuklearpolitik der Vereinigten Staaten, einen sogenannten Nuclear Posture Review. Die Ergebnisse werden voraussichtlich Ende Monat veröffentlicht. Laut einem Dokument, das den Medien zugespielt wurde, lockert die Trump-Regierung die BeschrĂ€nkungen fĂŒr den Einsatz von Atomwaffen und treibt die Entwicklung von nuklearen Sprengköpfen voran, die militĂ€risch einfacher einsetzbar sind.

Dieser Nuclear Posture Review bringt erhebliche VerĂ€nderungen in der amerikanischen Nuklearpolitik mit sich. „Niemand wird von diesen Änderungen profitieren, weder die Vereinigten Staaten noch die Welt“, erklĂ€rt ICAN-Exekutivdirektorin Beatrice Fihn.

„Atomwaffen sind Massenvernichtungswaffen, die unterschiedslos töten und in den Beziehungen zwischen zivilisierten Staaten keinen Platz haben. Die Vereinigten Staaten sollten bestrebt sein, das Tabu gegen den Einsatz von Atomwaffen zu stĂ€rken, nicht versuchen, es zu unterwandern“, so Fihn.

Berichten aus dem “Guardian” zufolge weitet Trumps ÜberprĂŒfung der Nuklearstrategie die UmstĂ€nde aus, unter denen die Vereinigten Staaten ihre Massenvernichtungswaffen einsetzen könnten. Die letzte Überarbeitung der Nuklearstrategie von 2010 schloss den Einsatz von Atomwaffen gegen “Vertragsparteien des Kernwaffensperrvertrags aus, die keine Atomwaffen besitzen und ihren Verpflichtungen zur Nichtweiterverbreitung nachkommen“. Die momentan laufende ÜberprĂŒfung ermöglicht neu den Einsatz von Atomwaffen als Reaktion auf nicht-atomare Angriffe, die „auf kritische Infrastruktur oder FĂŒhrungs- und Kommandostellen der atomaren KriegsfĂŒhrung abziehlen” oder solche die „eine Vielzahl von Opfern fordern“. Je nachdem wie die Begriffe „Vielzahl von Opfern“ und „kritische Infrastruktur“ ausgelegt werden, kann dies bedeuten, dass die Vereinigten Staaten den Einsatz von Atomwaffen in fast jedem bewaffneten Konflikt in ErwĂ€gung ziehen könnten.

„Die von der Trump-Regierung angeordnete Lockerung der EinsatzbeschrĂ€nkungen sendet ein zutiefst beunruhigendes Signal“, sagt der Koordinator von ICAN, Daniel Högsta:

„Anscheinend halten die Vereinigten Staaten den Einsatz von Waffen zur massenhaften Tötung von Zivilpersonen fĂŒr ein geeignetes und angebrachtes Werkzeug der Staatskunst. Diese Haltung wird es der internationalen Gemeinschaft nicht nur erschweren, Nordkorea und andere atomar bewaffnete Staaten davon zu ĂŒberzeugen, diese Waffen aufzugeben, sie könnte auch andere Akteure dazu ermutigen, solche in Zukunft zu erwerben.“

Die neue US-Strategie sieht auch HardwareĂ€nderungen vor. Laut Medienberichten erfordert die neue Nuklearstrategie die Entwicklung zweier neuer Arten von Atomwaffen: einen Gefechtskopf mit “geringer” Sprengkraft fĂŒr eine U-Boot-gestĂŒtzte ballistische Rakete sowie die WiedereinfĂŒhrung U-Boot-gestĂŒtzter nuklearer Marschflugkörper.

Anstrengungen, Atomwaffen „einsetzbarer“ zu machen, werden die Hemmschwelle senken und so die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs erhöhen. “Jeder Einsatz von Atomwaffen hĂ€tte katastrophale Folgen und die Strahlung wĂŒrde Menschen und Umwelt fĂŒr lange Zeit schĂ€digen”, sagt Annette Willi, PrĂ€sidentin von ICAN Switzerland. “Die Ausweitung der Rolle von Atomwaffen in der US-MilitĂ€rdoktrin lĂ€uft der AbrĂŒstungspolitik der internationalen Gemeinschaft zuwider”.

Am 7. Juli 2017 haben 122 LĂ€nder einen internationalen Vertrag verabschiedet, der den Besitz und den Einsatz von Atomwaffen bedingungslos verbietet. Der gegenwĂ€rtige Nuclear Posture Review widerspricht nicht nur den Zielen und GrundsĂ€tzen des UN-Abkommens ĂŒber das Verbot von Atomwaffen. Er untergrĂ€bt auch den Kernwaffensperrvertrag und lĂ€uft den Bekenntnissen der USA zuwider, die Rolle von Atomwaffen zu reduzieren und die nukleare AbrĂŒstung zu fördern. Im Jahr 2010, hatten die USA und andere Atomwaffenstaaten auf der Konferenz zur ÜberprĂŒfung des Kernwaffensperrvertrags feierlich gelobt, „die Rolle und Bedeutung von Atomwaffen in allen militĂ€rischen und sicherheitspolitischen Konzepten, Doktrinen und Politiken zu verringern“ und Verhandlungen ĂŒber die weitere Reduzierung ihrer nuklearen Arsenale voranzutreiben.

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